Landesverwaltungsgerichte (LVwG)

Rechtssatz für LVwG 20.3-915/2016

Dokumenttyp

Rechtssatz

Entscheidungsart

Erkenntnis

Geschäftszahl

LVwG 20.3-915/2016

Rechtssatznummer

1

Entscheidungsdatum

09.09.2016

Index

41/02 Asylrecht
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

FrPolG 2005 §41
AsylG 2005 §12
  1. AsylG 2005 § 12 heute
  2. AsylG 2005 § 12 gültig ab 20.07.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 70/2015
  3. AsylG 2005 § 12 gültig von 01.01.2014 bis 19.07.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 68/2013
  4. AsylG 2005 § 12 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/2012
  5. AsylG 2005 § 12 gültig von 01.01.2010 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 122/2009
  6. AsylG 2005 § 12 gültig von 01.01.2006 bis 31.12.2009

Rechtssatz

Die belangte Behörde kann sich zwar auch eines privaten Unternehmens zur Beiziehung von Dolmetschern bedienen, die belangte Behörde trifft aber die Verantwortung, sich der Kenntnisse des jeweils eingesetzten Dolmetschers zu vergewissern und die Dolmetscher zumindest in die fundamentalen Grundlagen ihrer Arbeit einzuweisen. Kommt es auf Grund mangelnder Sprachkenntnisse von Übersetzungsfehlern oder eigenmächtiger Beurteilungen des Dolmetschers zu fehlerhaften Einschätzungen eines durch den Fremden bei der Befragung gemäß Paragraph 41, Absatz 3, FPG 2005 vorgebrachten Zwecks der beabsichtigten Einreise, trägt hierfür somit die belangte Behörde die Verantwortung und die Zurückweisung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gemäß Paragraph 41, FPG 2005 ist rechtswidrig. Bei einer ordnungsgemäßen Befragung bzw. Übersetzung hätte der Fremde nämlich gemäß Paragraph 41, Absatz 3, FPG 2005 einen Grund für internationalen Schutz in Österreich glaubhaft machen können, sodass ihm der faktische Abschiebeschutz iSd Paragraph 12, Absatz eins, AsylG 2005 zugekommen wäre.

Schlagworte

Grenzkontrolle, Zurückweisung, Einreiseverweigerung, Befragung, Dolmetscher, Beurteilung, Übersetzungsfehler, faktischer Abschiebeschutz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGST:2016:LVwG.20.3.915.2016

Zuletzt aktualisiert am

28.11.2016

Dokumentnummer

LVWGR_ST_20160909_LVwG_20_3_915_2016_01

Entscheidungstext LVwG 20.3-915/2016

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Entscheidungsart

Erkenntnis

Geschäftszahl

LVwG 20.3-915/2016

Entscheidungsdatum

09.09.2016

Index

41/02 Asylrecht
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

FrPolG 2005 §41
AsylG 2005 §12
  1. AsylG 2005 § 12 heute
  2. AsylG 2005 § 12 gültig ab 20.07.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 70/2015
  3. AsylG 2005 § 12 gültig von 01.01.2014 bis 19.07.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 68/2013
  4. AsylG 2005 § 12 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/2012
  5. AsylG 2005 § 12 gültig von 01.01.2010 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 122/2009
  6. AsylG 2005 § 12 gültig von 01.01.2006 bis 31.12.2009

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat durch den Richter
Mag. Dr. Kundegraber über die Beschwerde des A F, geb. am xx, vertreten durch Mag. R F, Rechtsanwalt in G, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt,

z u R e c h t e r k a n n t:

römisch eins. Die Zurückweisung des Beschwerdeführers beim Grenzübergang Spielfeld am
21. Februar 2016 war

rechtswidrig.

römisch II. Der Bund (Bundesminister für Inneres) hat die Kosten des Verfahrens in der Höhe von € 1.659,60 zu bezahlen sowie die mit € 122,00 bestimmten Barauslagen (Dolmetschgebühren).

Rechtsgrundlagen:

Artikel 130, Absatz eins, Ziffer 2, Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)

Paragraphen 7,, 9, 28 Absatz 6 und 35 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG)

Paragraph eins, VwG-Aufwandersatzverordnung (VwG-AufwErsV)

Paragraph 41, Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 70 aus 2015,

Artikel 13, Absatz eins, der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex)

Paragraph 12, Asylgesetz (AsylG) in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil 2, Nr. 202 aus 2015,

Paragraph 88, Sicherheitspolizeigesetz (SPG)

römisch III. Gegen das Erkenntnis ist gemäß Paragraph 25 a, Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG) eine ordentliche Revision unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

römisch eins. 1. In der Beschwerde vom 04. April 2016 wird im Wesentlichen vorgebracht, dass der Beschwerdeführer syrischer Staatsbürger sei und seinen Herkunftsstaat aus asylrelevanten Gründen verlassen habe. Am 21. Februar 2016 wollte er in das Bundesgebiet bei der Grenzkontrollstelle Spielfeld einreisen. Im Rahmen der Registrierung kam es zu einer kurzen Befragung, bei der er auch gefragt wurde, warum er die Familienangehörigen nicht auf die Flucht mitgenommen habe. Eine weitere Befragung bezüglich des Fluchtgrundes habe nicht stattgefunden und konnte daher der Beschwerdeführer auch keinen Asylantrag stellen. Nachdem ihm mitgeteilt wurde, dass er nicht die Voraussetzungen erfülle, um in Österreich einen Asylantrag stellen zu können, wurde er den slowenischen Sicherheitskräften übergeben, wo er um Asyl ansuchte.

Es folgen noch weitere umfangreiche Ausführungen zur behaupteten Unionsrechtswidrigkeit der Grenzkontrollverordnung.

2. In der am 02. Mai 2016 erstatteten Gegenschrift wurde ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer bei der beabsichtigten Einreise sehr wohl die Gelegenheit gegeben wurde, sich zu äußern. Die Befragung mittels Dolmetschers konzentrierte sich auf Reisezweck, Reiseziel und weitere Absichten. Der Beschwerdeführer sei nicht im Besitz eines gültigen Reisedokuments oder gültigen Visums gewesen und sei auch kein Asylantrag gestellt worden. Umstände, die eine „humanitäre Einreise“ nahegelegt hätten, wurden keine dargetan, sodass dem Beschwerdeführer die Einreiseverweigerung unter Beiziehung eines Dolmetschers mitgeteilt worden sei und er nach Ausfolgung des „Einreiseverweigerungsformulars“ den slowenischen Behörden übergeben wurde.

Zudem wurde die Unionsrechtswidrigkeit der Grenzkontrollverordnung bestritten und dabei auf Artikel 25, Schengener Grenzkodex („einer ernsthaften Bedrohung der öffentlichen Ordnung und inneren Sicherheit“) verwiesen.

Als Beilage wurde eine Kopie des Formulars der Einreiseverweigerung des Beschwerdeführers beigegeben.

3. Nach Durchführung einer Verhandlung am 27. Juni 2016, bei der der Beschwerdeführer und die Zeugen Obstlt. M M und Insp. W P einvernommen wurden sowie unter Heranziehung des Akteninhaltes geht das Gericht von nachfolgendem, entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:

Der Beschwerdeführer ist syrischer Staatsbürger. Der Fluchtweg des Beschwerdeführers führte von Aleppo (Syrien) über Griechenland nach Slowenien, wo er am 21. Februar 2016 beim Grenzübergang Spielfeld in das Bundesgebiet einreisen wollte. Aufgrund des großen Andranges von Einreisewilligen wurde bereits auf slowenischer Seite eine Gruppeeinteilung vorgenommen, die ca. eine Anzahl von 200 Personen umfasste. Auf österreichischem Gebiet wurde sodann der Beschwerdeführer durchsucht und sodann zur Befragungsstelle, welche aus drei Polizisten und einer Dolmetscherin bestand, zugeführt. Die Verständigung mit der Dolmetscherin erfolgte problemlos. Nachdem der Beschwerdeführer auf Verlangen sich mit dem Personalausweis gegenüber den Polizisten auswies, beantwortete er die Frage, von wo er komme, dass er aus Syrien komme und wegen dem Krieg in Syrien um Asyl ansuche. Die Frage, ob der Beschwerdeführer eine Familie hätte, wurde bejaht, jedoch darauf hingewiesen, dass er geschieden sei und die geschiedene Frau und die zwei Kinder in Syrien geblieben sind. Die Frage, warum er ohne Kinder gekommen wäre, wurde von Seiten des Beschwerdeführers nicht beantwortet, da er dies als Beleidigung auffasste, da er von der Dolmetscherin übersetzt bekam, dass er alleine hergekommen sei und die Kinder in Syrien gelassen habe. Auch gab der Beschwerdeführer auf Befragung an, dass er Österreich ausgesucht habe, da dies ein sicheres Land sei und er hier Asyl bekommen würde. Weitere Fragen wurden nicht gestellt.

Dem Beschwerdeführer wurde sodann ein rotes Armband angelegt (Kennzeichnung für Zurückweisung) und wurde ihm nach Unterschriftsleistung das „Einreise-
verweigerungsformular“ ausgehändigt. Im „Einreiseverweigerungsformular“ wird unter der Rubrik „Bemerkungen“ ausgeführt, „kein humanitärer Grund“. Zudem wurde vermerkt, dass der Beschwerdeführer ohne gültiges Reisedokument und ohne gültiges Visum und ohne ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhaltes im Verhältnis zur Dauer und zu den Umständen des Aufenthaltes einreisen wolle. Der Name der Dolmetscherin wurde im Einreiseverweigerungsformular nicht vermerkt. Die Dolmetscherin teilte dem Beschwerdeführer mit, dass er nicht ins Bundesgebiet einreisen könne. Wo sich der Beschwerdeführer beschweren hätte können, wurde von der Dolmetscherin nicht mitgeteilt. Danach wurde der Beschwerdeführer einer erkennungsdienstlichen Behandlung (Fingerabdrücke, Foto) zugeführt und in weiterer Folge den slowenischen Beamten übergeben, wo er um Asyl ansuchte und auch bekam.

4. Die Feststellungen gründen sich im Wesentlichen aus den Aussagen des Beschwerdeführers, der aufgrund des ihm erteilten Konventionsreisepasses zur Verhandlung erscheinen konnte. Der Beschwerdeführer schilderte in detaillierter und glaubhafter Weise die Amtshandlung und hat das Gericht keine Bedenken der Darstellung des Beschwerdeführers zu folgen. Insp. P, der das „Einreiseverweigerungsformular“ ausfüllte, konnte sich an den konkreten Fall nicht mehr erinnern.

Der Name der Dolmetscherin wurde im Einreiseverweigerungsformular nicht vermerkt und war auch von Seiten des Grenzmanagements nicht vorgesehen. Das Gericht geht davon aus, dass aufgrund der zahlreichen Einreisewilligen sicherlich bei der Verweigerung der Einreise keine umfassende Dokumentation erwartet werden konnte. Dass jedoch der Name der Dolmetscherin bei der jeweiligen Zurückweisung vermerkt hätte werden können (Dokumentationspflicht im Sinne des Paragraph 10, Absatz eins, Richtlinienverordnung) wäre wohl ohne weiteren Aufwand möglich gewesen, um die für das „Einschreiten maßgeblichen Umstände später“ nachvollziehen zu können. Umso mehr in Anbetracht des Umstandes, dass Zurückweisungen ohnehin nur – wie die belangte Behörde einräumt – der Ausnahmefall war. Aufgrund der durchgeführten Verhandlung steht für das Gericht fest, dass der Dolmetscherarbeit gerade bei der Befragung von Einreisewilligen besondere Relevanz zukommt. Zum einen wurden als Sprachdolmetscher sehr gute, aber auch offensichtlich völlig ungeeignete Personen eingesetzt (siehe Einvernahme des Dolmetschers S K am 27. Juni 2016, GZ: LVwG 20.3-873/2016, LVwG 21.3-874/2016 und die dazu getroffenen Feststellungen), zum anderen gab es offensichtlich Befragungen, bei denen der Dolmetscher bei der Beurteilung, ob ein Asylgrund vorliegt oder nicht, eigenmächtig agierte (siehe Zeugenaussage Insp. B in der Verhandlung am 27. Juni 2016, GZ: LVwG 20.3-873/2016, LVwG 20.3-874/2016).

Im konkreten Fall ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer zumindest ansatzweise bereits andeutete, dass er nach Österreich einreisen wolle, um Asyl zu suchen, jedoch von Seiten der Dolmetscherin eine weitere Befragung unterlassen wurde, da der Beschwerdeführer angab, seine zwei Kinder als auch die geschiedene Frau in Syrien zurückgelassen zu haben. Dass der Beschwerdeführer die Frage, warum er ohne Kinder gekommen wäre, nicht beantwortete, ist jedenfalls vorerst für die Beurteilung, ob ein Asylantrag vorliegt oder nicht, von keiner Bedeutung. Offensichtlich ist es hier aufgrund der Kürze der Amtshandlung dazu gekommen, dass das Grenzkontrollorgan zum Schluss kam, dass „kein humanitärer Grund“ vorgebracht wurde und der Beschwerdeführer in Österreich daher nicht um Asyl angesucht habe. Es liegt auch der Schluss nahe, dass die Dolmetscherin im konkreten Fall persönliche Anschauungen in ihre Arbeit miteinfließen gelassen hat und damit eine präjudizielle Beurteilung abgab. Ein Indiz für die mangelhafte Kommunikation zwischen dem Grenzorgan und der Dolmetscherin ist auch der Umstand, dass dem Beschwerdeführer nach Angaben Insp. P nicht mitgeteilt wurde, wo er sich beschweren hätte können.

römisch II. Rechtliche Beurteilung:

1. Eingangs ist darauf hinzuweisen, dass bei der rechtlichen Beurteilung die Rechtslage zum Zeitpunkt der Zurückweisung, Februar 2016, zur Anwendung gelangt (FPG römisch eins Nr. 70/2015 und AsylG römisch II Nr. 202/2015). Die geäußerten Bedenken des Beschwerdeführers zur Unionsrechtswidrigkeit der Grenzkontrollverordnung wird vom Gericht nicht geteilt und sieht das Gericht keine Veranlassung, das Grenzkontrollgesetz als auch die Verordnung der Bundesministerin für Inneres
Bundesgesetzblatt Teil 2, Nr. 260 aus 2015, beim Verfassungsgerichtshof anzufechten bzw. eine Vorabentscheidung des EuGH einzuholen.

Paragraph 12, Absatz eins, AsylG lautet:

3. Hauptstück
Rechte und Pflichten der Asylwerber

1. Abschnitt
Aufenthalt im Bundesgebiet während des Asylverfahrens

Faktischer Abschiebeschutz

(1) Ein Fremder, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, kann, außer in den Fällen des Paragraph 12 a,, bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung, bis zur Gegenstandslosigkeit des Verfahrens oder nach einer Einstellung bis zu dem Zeitpunkt, an dem eine Fortsetzung des Verfahrens gemäß Paragraph 24, Absatz 2, nicht mehr zulässig ist, weder zurückgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben werden (faktischer Abschiebeschutz); Paragraph 32, bleibt unberührt. Sein Aufenthalt im Bundesgebiet ist zulässig. Ein auf Grund anderer Bundesgesetze bestehendes Aufenthaltsrecht bleibt unberührt. Paragraph 16, Absatz 4, BFA-VG gilt.

Paragraph 41, Absatz eins und Absatz 3, FPG lautet:

6. Hauptstück:
Zurückweisung, Transitsicherung, Zurückschiebung und Durchbeförderung

Hinderung an der Einreise und Zurückweisung

(1) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, Fremde, die versuchen, nicht rechtmäßig in das Bundesgebiet einzureisen, an der Einreise zu hindern.

(3) Über die Zulässigkeit der Einreise ist nach Befragen des Fremden auf Grund des von diesem glaubhaft gemachten oder sonst bekannten Sachverhaltes zu entscheiden. Die Zurückweisung ist im Reisedokument des Fremden ersichtlich zu machen. Diese Eintragung ist auf Antrag des Betroffenen zu streichen, sofern deren Rechtswidrigkeit durch das Verwaltungsgericht des Landes festgestellt worden ist.

2. Gemäß Artikel 13, der Verordnung EG Nr. 562/2006 vom 15. März 2006 (Schengener Grenzkodex) wird die Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten einem Drittstaatsangehörigen verweigert, der nicht alle Einreisevoraussetzungen des Artikel 5, Absatz eins, erfüllt und der nicht zu dem in Artikel 5, Absatz 4, genannten Personenkreis (humanitäre Gründe, Gründe des nationalen Interesses, internationale Verpflichtungen) gehört. Davon unberührt bleibt die Anwendung besonderer Bestimmungen zum Asylrecht und zum internationalen Schutz oder zur Ausstellung von Visa für längerfristige Aufenthalte.

Das Verfahren hat ergeben, dass der Beschwerdeführer auf österreichischem Gebiet einen Asylantrag gestellt hat. Das hat gemäß Paragraph 12, Absatz eins, AsylG zur Folge, dass bis zur Entscheidung über die Zulassung des Asylverfahrens der Beschwerdeführer faktischen Abschiebeschutz genießt, das heißt er darf weder zurückgewiesen, noch zurückgeschoben oder abgeschoben werden (RV zu Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005,).

Der einreisewillige Fremde ist gemäß Paragraph 41, Absatz 3, FPG über die Zulässigkeit der Einreise zu befragen. Da der Beschwerdeführer der deutschen Sprache nicht mächtig war, wurde eine Dolmetscherin beigezogen. Wenn aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse oder – wie im konkreten Fall – durch eigenmächtige Handlungen der Dolmetscherin es zu fehlerhaften Einschätzungen eines vom Beschwerdeführer vorgebrachten Reisezweckes (Beantragung auf internationalen Schutz) kommt, trägt hiefür die belangte Behörde die Verantwortung. Es ist zwar zulässig, dass sich die Behörde bei der Beistellung von Dolmetschern einer privaten Firma (G4S-Secure Solutions AG) bedient, jedoch entbindet dies nicht die belangte Behörde sich zumindest vom Kenntnisstand des jeweilig eingesetzten Dolmetschers sich Gewissheit zu verschaffen und die Dolmetscher zumindest in die fundamentalen Grundlagen ihrer Arbeit einzuweisen.

Da somit der Beschwerdeführer bei einer ordnungsgemäßen Befragung bzw. Übersetzung einen Asylgrund (Krieg in Syrien) glaubhaft gemacht hätte, wäre der faktische Abschiebeschutz zum Tragen gekommen und war somit die Zurückweisung des Beschwerdeführers am 21. Februar 2016 durch Organe der Landespolizeidirektion Steiermark rechtswidrig. Ob tatsächlich ein Asylgrund vorgelegen ist, wäre sodann von den hiezu zuständigen Behörden bzw. Gerichte zu beurteilen gewesen.

3. Als Kosten wurden im Sinne des Paragraph 35, VwGVG in Verbindung mit Paragraph eins, VwG-AufwErsV dem Beschwerdeführer ein Betrag von € 1.659,60 zugesprochen. Der Betrag setzt sich zusammen aus dem Schriftsatzaufwand in der Höhe von € 737,60 und dem Verhandlungsaufwand € 922,00. Die Barauslagen (Dolmetschgebühren) wurden den Parteien zur Kenntnis gebracht und keine Stellungnahme abgegeben. Somit hat der Bund im Sinne des Paragraph 35, Absatz eins und Absatz 4, VwGVG die entstandenen Barauslagen von € 122,00 zu bezahlen.

römisch III. Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Artikel 133, Absatz 4, B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die Frage des Asylantrages wurde im Rahmen der Beweiswürdigung nachvollziehbar entschieden, sodass dem Beschwerdeführer gemäß Paragraph 12, Absatz eins, AsylG ein faktischer Abschiebeschutz zukommt.

Schlagworte

Grenzkontrolle, Zurückweisung, Einreiseverweigerung, Befragung, Dolmetscher, Beurteilung, Übersetzungsfehler, faktischer Abschiebeschutz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGST:2016:LVwG.20.3.915.2016

Zuletzt aktualisiert am

28.11.2016

Dokumentnummer

LVWGT_ST_20160909_LVwG_20_3_915_2016_00