Gericht

Verwaltungsgerichtshof

Entscheidungsdatum

21.12.2021

Geschäftszahl

Ro 2019/21/0015

Rechtssatz

Werden an sich vorgesehene Sachleistungen rechtswidrig vorenthalten, dann lässt dies das Entstehen von Geldleistungsansprüchen zu vergleiche Artikel 17, Aufnahme-RL). Denn werden die "materiellen Aufnahmebedingungen" nicht als Sachleistung gewährt, so kann das nur so verstanden werden, dass die Behörde von der Option einer Gewährung von Grundversorgung "in Form von Geldleistungen" Gebrauch machen will vergleiche VwGH 20.12.2018, Ra 2018/21/0154). Nach Artikel 17, Absatz 5, der Aufnahme-RL bemisst sich, wenn die Mitgliedstaaten im Rahmen der Aufnahme materielle Leistungen in Form von Geldleistungen oder Gutscheinen gewähren, deren Umfang auf Grundlage des Leistungsniveaus, das der betreffende Mitgliedstaat nach Maßgabe der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder nach den Gepflogenheiten anwendet, um eigenen Staatsangehörigen einen angemessenen Lebensstandard zu gewährleisten. Die Mitgliedstaaten können Antragstellern in dieser Hinsicht eine weniger günstige Behandlung im Vergleich mit eigenen Staatsangehörigen zuteil werden lassen, insbesondere wenn materielle Unterstützung teilweise in Form von Sachleistungen gewährt wird oder wenn das, auf eigene Staatsangehörige anzuwendende, Leistungsniveau darauf abzielt, einen Lebensstandard zu gewährleisten, der über dem nach dieser Richtlinie für Antragsteller vorgeschriebenen Lebensstandard liegen. Das Oö. GrundversorgungsG 2006 enthält keine ausdrücklichen Bestimmungen, welche Geldleistungen anstelle von Sachleistungen zu gewähren sind. In Paragraph eins, Oö. GrundversorgungsG 2006 wird lediglich allgemein auf "die in der Grundversorgungsvereinbarung, Landesgesetzblatt Nr. 93 aus 2004,, vorgesehenen Hilfen und Maßnahmen", die vom Land Oberösterreich hilfs- und schutzbedürftigen Fremden, die ihren Hauptwohnsitz und Aufenthalt in Oberösterreich haben, "zu erbringen" sind, verwiesen. Das bezieht sich erkennbar in erster Linie auf die in Artikel 6, Absatz eins, dieser Vereinbarung genannten, im Allgemeinen von der Grundversorgung umfassten Sachleistungen, wie insbesondere Unterbringung, Versorgung mit angemessener Verpflegung, Sicherung der Krankenversorgung, Gewährung eines monatlichen Taschengeldes, sowie auf die in Artikel 7 und 8 legcit. Sonderbestimmungen für unbegleitete minderjährige Fremde und für Massenfluchtbewegungen. Zu dieser Verweisung auf die Grundversorgungsvereinbarung ist allerdings anzumerken, dass Vereinbarungen nach Artikel 15 a, B-VG keine Rechte und Pflichten Dritter begründen können, sondern dazu der Transformation bedürfen. Sie binden vielmehr die Vertragspartner (also Bund bzw. Länder) untereinander, was bedeutet, dass (nur) die Organe der jeweils beteiligten Gebietskörperschaften durch die Vereinbarung gebunden werden vergleiche VfGH 9.10.2018, A1/2017, VfSlg. 20.284). Die Grundversorgungsvereinbarung kann keine Rechte und Pflichten der einzelnen Rechtsunterworfenen begründen vergleiche VwGH 20.12.2018, Ra 2018/21/0154). Das findet auch in Artikel eins, Absatz 5, legcit. seinen Niederschlag, indem es dort heißt, diese Vereinbarung begründe keine Rechtsansprüche für die in Artikel 2, legcit. als Zielgruppe genannten Fremden. Ohne entsprechenden Transformationsakt, der den Normunterworfenen berechtigt und verpflichtet, entfaltet eine Vereinbarung nach Artikel 15 a, B-VG für den Normunterworfenen somit keine Rechtswirkungen. Geltungsgrund der den Normunterworfenen bindenden Vorschrift ist nach einer solchen Transformation nicht die Vereinbarung nach Artikel 15 a, B-VG, sondern das Gesetz oder die Verordnung, selbst wenn diese nur den Text der Vereinbarung wörtlich übernehmen vergleiche VfGH 17.6.1994, G 231/92, u.a., VfSlg. 13.780).

European Case Law Identifier

ECLI:AT:VWGH:2021:RO2019210015.J04