Gericht

Verfassungsgerichtshof

Entscheidungsdatum

29.04.2022

Geschäftszahl

G29/2022

Leitsatz

Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung des COVID-19-ImpfpflichtG zur Gänze mangels Darlegung und Zuordnung der Bedenken gegen alle Normen; keine Nachvollziehbarkeit des Vorbringens betreffend einen untrennbaren Zusammenhang aller Bestimmungen; Unzulässigkeit des Eventualantrags wegen zu engen Anfechtungsumfangs

Rechtssatz

Unzulässigkeit der Anfechtung des COVID-19-ImpfpflichtG in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, 4 aus 2022, (COVID-19-IG) zur Gänze sowie des ausschließlich gegen §1 Abs1 leg cit gerichteten Eventualantrags.

Der Antrag enthält vorwiegend allgemeine Ausführungen in Bezug auf die vom Gesetzgeber "normierte Impfpflicht". Im Duktus der Bedenken wird - abgesehen von §1 Abs1 und §11 Abs5 letzter Satz COVID-19-IG - keine der angefochtenen Bestimmungen ausdrücklich erwähnt. Damit haben es die antragstellenden Parteien unterlassen, jene Normen konkret zu bezeichnen, die von den vorgebrachten Bedenken betroffen sind. Der Antrag beschränkt sich im Wesentlichen auf unsubstantiiert gebliebene Behauptungen und pauschal vorgetragene Bedenken gegen das Gesetz als Ganzes. Dass alle Bestimmungen des COVID-19-IG in einem untrennbaren Zusammenhang mit §1 Abs1 COVID-19-IG stehen würden, wird von den antragstellenden Parteien zwar behauptet, nicht jedoch nachvollziehbar dargelegt.

Damit haben es die antragstellenden Parteien unterlassen, die gegen die einzelnen Bestimmungen des COVID-19-IG sprechenden verfassungsrechtlichen Bedenken im Einzelnen präzise und schlüssig darzulegen. Eine Zuordnung der Bedenken zu den einzelnen Normen des Gesetzes erscheint unmöglich; der VfGH wäre hiezu auch nicht berufen.

Das Fehlen einer geeigneten Darlegung iSd §62 Abs1 VfGG ist kein behebbares Formgebrechen, sondern ein Prozesshindernis.

Der Hauptantrag ist somit schon aus diesem Grund als unzulässig zurückzuweisen. Auf den Umstand, dass das COVID-19-IG, Bundesgesetzblatt Teil eins, 4 aus 2022,, mit Bundesgesetzblatt Teil eins, 22 aus 2022, weitreichend novelliert wurde, muss daher nicht mehr eingegangen werden.

Demgegenüber haben die antragstellenden Parteien ihren Eventualantrag auf Aufhebung des §1 Abs1 COVID-19-IG zu eng gewählt. Für die Beseitigung der behaupteten Verfassungswidrigkeit hätten sie jedenfalls weitere Bestimmungen (wie etwa §4) mitanfechten müssen. Insofern liegt ein untrennbarer Zusammenhang mit §1 Abs1 COVID-19-IG vor.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:VFGH:2022:G29.2022